Stefan

Stefan ist als 12-jähriger Junge auf ein Aufklärungsbuch gestoßen und hat es zusammen mit einem Nachbarsjungen durchgeblättert. Dass sie die Buchszenen dabei nachgestellt haben, hatte nichts mit Liebe zu tun. Und dennoch sind sich die beiden sehr nah gekommen. Stefan hat sich während seiner Ausbildung in eine Kollegin verliebt und war mit ihr eine Weile zusammen. Das geschah mehr aus dem Gedanken heraus die konservativen Beziehungsmuster bedienen zu wollen als aus tatsächlicher Liebe. Mit der zweiten Freundin konnte er sich selbst und seiner ihr gegenüber offener umgehen. Es war dem Ganzen zuträglich, dass sie auch schon Erfahrungen mit Frauen hatte. So konnten beide offen miteinander über ihre sexuelle Wünsche sprechen.

Als Stefan sich beruflich umorientierte und in eine andere Stadt zog, musste er sich klar darüber werden, ob eine Fernbeziehung das Richtige sei. Seine damalige Freundin machte sich zudem Gedanken darüber wie es zukünftig mit eigenen Kindern werden würde, wenn Stefan eines Tages nur noch an Männern interessiert sei. So kam es schließlich auch zur Trennung und Stefan nutzte die neu gewonnene Freiheit um der Männerliebe auf den Zahn zu fühlen. In einer Schwulensauna bei Münster probierte er sich aus – und blieb dabei. Nicht bei der Sauna, aber bei den Männern.

Mit 30 Jahren hat er sich geoutet und ist mit einem guten Freund jedes Wochenende schwul ausgegangen. Das war wichtig aus heutiger Sicht. Denn so ist er auch KCM Münster gekommen, einer Beratungs- und ersten Anlaufstelle für Schwule in Münster. Stefan ist dort seit über einem sogar Vorstandsmitglied und ist in der schwulen Welt voll angekommen. Dennoch war es ein schwieriger Schritt auch die konservativen Eltern einzuweihen: Bei einem Kaffee mit seiner Mutter hat er sich geöffnet, gleich danach bei seinem Vater und dann auch per Telefon bei seiner Schwester. Obwohl seine Eltern teils negativ reagierten, schätzt Stefan Schmidt deren Meinung heute eher neutral ein.

Philip und René

Unbeschriebene Blätter sind sie gewiss nicht: Der eine macht „so Software-Dinge“ für eine schwule Dating-Website und der andere berät Jugendliche in allen Fragen der Prävention und des Outings. Beste Grundlage für eine Anfrage meinerseits. Ich habe den fabelhaften René und den nicht minder charmanten Philip von Bielefeld nach Münster eingeladen und mich riesig über die Zusage gefragt. Zum ersten Mal in der Geschichte meines Podcasts habe ich meine Gäste somit direkt in den Räumen vom besten Studentenradio RadioQ getroffen. Beide sind Erfinder und Macher von Einfach schwul mit bunten Themen aus der nicht-heterosexuellen Welt.

Für Philip war das Outing ein fliesender Prozess. Mit 16 bei Freunden, mit 17 in der Schule und mit 18 bei den Eltern. Seine Story klingt ziemlich glatt, hat dann aber doch eine raue Stelle an der sich Philips Vater gerieben hat. Bis zu seinem Tod wenige Monate später haben die beiden nicht mehr miteinander gesprochen. Wie Philip heute darüber denkt, sagt er im heutigen Interview.

René war und ist ehrenamtlich sowie als Honorarkraft bei mehreren Institutionen unterwegs, beispielsweise dem Café Farbenfroh in Bielefeld, bei der evangelischen Jugend, bei der Aids-Hilfe oder beim Bielefelder CSD. Er sagt, er habe mit 18 Jahren erst recht spät sein inneres Outing gehabt – also den Moment, indem man feststellt nicht ausschließlich heterosexuell zu sein. Dafür ist er heute umso engagierter. Wer ein anrührendes, aber sehr liebevoll gemachtes Video zu Renés Outing sehen will, kann auf seinem YouTube-Kanal vorbeischauen.

Philips Foto wird mit freundlicher Genehmigung von Daggi Binder verwendet.

Sven

Sven ist 25 Jahre alt und wohnt in Mainz. Zusammen mit seinem Freund hat er dort eine Wohnung. Ich erwische ihn gerade beim Renovieren, aber er nimmt sich gerne Zeit für ein kurzes Gespräch. Sven hat sich zuerst bei seiner engsten Freundin geoutet. Sie und ihre lesbische Mutter haben ihm Mut zugesprochen und so hat sich Sven auch gegenüber seiner eigenen Mutter und seinen Geschwistern geöffnet. Warum er zwei Väter hat, zu beiden nur sehr eingeschränkt Kontakt hält und was das alles mit seinem Outing zu tun hat, erfahrt ihr im heutigen Interview.

Sven betreibt den Blog Boys & Glitters. Dort schreibt er über sich und das was ihm gefällt: Mode. Die kanadische Fotografin Hana Pesut hat einmal Mode mit Fotografie kombiniert. In ihrem fortwährenden Projekt „Switcheroo“ fotografiert sie Mann und Frau nebeneinander stehend. Anschließend tauschen die Models ihre Kleider und es wird ein zweites Foto gemacht. Damit hinterfragt die Künstlerin die Grenzen der getrennten Geschlechtermode.

Svens Foto, das ich hier verwende, stammt von der Fotografin Coralie Reuter.